Interview Philipp Scheffel

„Hallo Philipp. Wie bist du zu dem Entschluss gekommen, die Hausarztpraxis in Friedrichroda zu übernehmen?“

Eigentlich muss man hier kurz die Geschichte Erzählen wie ich überhaupt hier gelandet bin. Meine Frau verpasste den Termin zur Einschreibung für das Blockpraktikum Allgemeinmedizin und es waren nur noch 2 Praxen übrig, Hermsdorf und Friedrichroda. Sie entschied sich trotz der größeren Entfernung für die Heimat.

Und dann begann diese Geschichte mit der Frage was macht ihr Mann? Und so bin ich ins Gespräch gekommen und erhielt ein paar Monate später den Anruf meiner Chefin Frau Dipl. med. A. Liebetrau ob ich mir vorstellen könnte bei ihr irgendwann mal zu arbeiten. Als ich das erste mal in der Praxis war dachte ich mir schon, die ist modern, gut ausgestattet und hat ein eingespieltes junges Team mit einigen angestellten Ärzten -das könnte wirklich was richtig gutes sein -hier einfach einzusteigen und mitzumachen. Das es letztlich so eine tolle Praxis war ist mir natürlich erst im Laufe der Zeit bewusst geworden. In die Selbstständigkeit wollte ich schon von Anfang an und das auch auf dem Land -ich stamme aus einem Nachbarort und wollte dort schon immer eine eigene Praxis eröffnen. Meine Chefin hatte mich schon mit dem Gedanken eingestellt, ich könnte die Praxis mal übernehmen und die Zusammenarbeit darauf gelenkt möglichst zeitnah nach meiner Facharztprüfung in Rente zu gehen. Ich konnte dann zum Glück noch meine Kollegin Frau Dr. Beier motivieren mit in das Abenteuer „Eigene Praxis“ einzusteigen. Vor allem in der Anfangszeit konnten wir uns prima ergänzen und waren nicht nur einmal froh den anderen zu haben. 


„Welche besonderen Erfahrungen aus deiner Weiterbildung haben dich am meisten geprägt?“

Mehr als arbeiten kann keiner, es bleibt hier und da auch mal Arbeit liegen. Viele Dinge können und müssen noch viel besser gemacht werden, im Alltag spielt Ausbildung eine viel zu geringe Rolle, es fehlen Ressourcen in jeglicher Hinsicht. Vieles musste man sich selber einfordern oder eigenständig erlernen.

Aber es gibt auch Lichtblicke und viele motivierte Kollegen die genau dies sehen und versuchen besser zu machen, so stressig der Alltag ist aber eine 5-minütige Lernsession mit einem Oberarzt oder Ausbilder ist meistens möglich.

Viele Persönlichkeiten haben mich begleitet, angefangen in meiner Ausbildung zum Krankenpfleger, hier habe ich tolle Menschen kennen gelernt, von denen ich heute noch profitiere und erzähle. Zum Glück hatte ich an jeder Stelle auf dem Weg hierhin solche Menschen -man muss aber eine klare Linie zwischen der Ausbildung in Jena und derer auf dem Land ziehen, hier fehlt es zum Teil noch erheblich an solch motivierten Kollegen.


„Wer und was konnte dich auf deinen beruflichen Weg unterstützen? Gab es jemand, der dich inspiriert hat (oder eine/e Mentor/in)?“

Unterstützung habe ich jederzeit von meiner Familie gehabt, meine Frau hat mich nicht nur begleitet und mir Halt und Unterstützung gegeben, sondern auch viel Freiraum zur Ausbildung gelassen, die Zeit in Jena war sehr intensiv ohne meine Eltern und ihre Unterstützung wäre das nicht möglich gewesen.

Einen Mentor? Ich könnte jetzt viele Aufzählen oder eine Liste hier einstellen; es waren viele die mich bewusst oder unbewusst unterrichtet haben, jeder der jetzt an Augenblicke mit mir im Berufsleben denkt gehört dazu. Auch meine Kommilitonen aus dem Studium die mir heute noch die ein oder anderen Ratschläge in bestimmten Fällen geben, ein riesiges DANKE an alle!


„Wie bereitest du dich aktuell auf den Schritt in die Selbstständigkeit vor?“

Dank eines eingespielten Teams und meiner Mitstreiterin bin ich zuversichtlich einen Guten Start in die Selbständigkeit zu haben. Wir haben uns den Luxus eines Praxisberaters geleistet, der uns auf diesem Weg begleitet.

„Was erwartest du dir von deinem neuen Praxisalltag? Worauf freust du dich am meisten?“

Weniger Arbeit wird es definitiv nicht aber etwas mehr Entscheidungsspielraum und mehr Urlaub. Ich freue mich einfach auf ein gutes Team und gute Arbeitsbedingungen -die ich nun selber herstellen und aufrechterhalten kann. Auch die Bürokratie kann spaß machen, wenn man weiß wofür man sie macht.


„Wie stellst du dir die Zukunft in deiner Praxis vor, gibt es schon Visionen, wie sich diese weiterentwickeln soll?“

Wir wollen hier auf dem Fundament, welches hier geschaffen wurde aufbauen und die Praxis weiter entwickeln zu einem modernen und zukunftsfähigen Areal medizinischer Versorgung. Ausbildung und Weiterbildung steht wie schon in der Vergangenheit ganz weit oben, als Lehrpraxis möchten wir die Arbeit mit dem UKJ und dem Institut ebenso aufrechterhalten wie auch weiterentwickeln, junge Kollegen*innen Ausbilden, ebenso auf dem Zweig der medizinischen Fachangestellten.

Die aktuelle Demografische Entwicklung wird weitreichende und wesentliche Veränderungen für uns bereit halten, diese wollen wir gemeinsam angehen. #

 
„Welchen Rat würdest du Kollegen geben, die ebenfalls den Schritt in die Selbstständigkeit wagen?“

Pragmatisch würde ich sagen: „machen“! Wir sind dankbar über jeden Kollegen*inn im ambulanten Sektor. Jeder der hier mitmacht ist eine Unterstützung für das gesamte System.

Man ist auch wenn man Selbstständig ist, niemals alleine, ein Austausch und ein Miteinander findet immer statt. Sprecht uns an!

„Du hast ja drei Kinder und eine Frau die ebenfalls Medizin studiert hat und jetzt Ärztin ist – hast du einen Trick oder Tipp deinen Beruf und Privatleben in Einklang zu halten?"

Das ist eine sehr häufig gestellte Frage, so eine richtige Antwort kann ich gar nicht geben. Es bedarf schon vieler Entbehrungen persönlicher Befindlichkeiten, Ordnung und Sauberkeit lassen dann im Haus mal zu wünschen übrig - die Kinder sind in Überzahl.

Wir haben es eigentlich immer ganz gut hinbekommen auch wenn wir hin und wieder, bewusst oder unbewusst an unseren Grenzen waren. Uns macht die Arbeit genauso viel Freude wie unsere Kinder hier muss auch mal nach einem 24h-Dienst eine Schicht zu Hause eingelegt werden.

Wichtig ist das man das große Ganze nicht aus dem Auge verliert und über Durststrecken im privaten wie im beruflichen Leben hinweg kommt. Das schöne ist ja nicht nur das ein Ausbildungsabschnitt mal endet sondern auch das die Kinder selbständiger werden und die Arbeit etwas weniger wird und viel Routine im Alltag einkehrt. Wir sind froh und glücklich und würden es genauso wieder machen.

„Danke Philipp für deine Zeit und authentischen Einblicke!"